Archiv der Kategorie: Beziehungsalltag

Realistische Erwartungen an die Liebe

Spricht man mit Paaren, die schon mehrere Jahrzehnte zusammen leben und fragt sie nach ihrem persönlichen Rat für eine gelingende Partnerschaft, sind die Antworten vielfältig.
In meinen zahlreichen Interviews mit Paaren, die ich im Rahmen von Forschungsarbeiten vermehrt zwischen 1999 und 2001 sowie 2002 und 2011 durchführte, sind mir vor allem diese Einschätzungen und Ratschläge in Erinnerung geblieben:

„Wir haben nichts weggeworfen, wir haben es repariert. Dann war das vielleicht schief und krumm, aber wir hatten es deshalb nicht weniger gern. So war das auch mit unserer Ehe.“

„Die kleinen Freuden zu sehen, statt immer nach den großen Dingen Ausschau halten. Das ist es, was uns immer verbunden und meist auch sehr zufrieden sein lassen hat.“

„Das Leben kann nicht immer glücklich sein. Eine Ehe auch nicht. Wenn man sich damit nicht abfinden kann, wird man wohl immer unglücklich sein.“

„Ein Garten steht doch auch nicht immer in voller Pracht und schon gar nicht von allein. Man muss immer wieder auch säen, neue Pflanzen setzen… Warum sollte das in einer Ehe denn anders sein?“

„Die Aufregung ist irgendwann weg. Am Ende zählt, ob ihr euch treue und gute Kameraden seid.“

Sicher, diese Paare sind anders geprägt und erzogen worden. Sie lebten unter anderen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Was sich jedoch deutlich zeigt: Sie haben bescheidenere, oftmals realistischere Erwartungen an eine Ehe als viele heutige Paare. Erwartungsenttäuschungen zählen gegenwärtig zu den wesentlichen Gründen für Trennungen und Scheidungen.

 

Stressfrei in den gemeinsamen Urlaub?

Die Sommerferien in den nördlichen Bundesländern stehen kurz bevor und die Sehnsucht nach Entspannung ist gerade in den letzten Wochen und Tagen vor dem Urlaub besonders groß. Nicht nur, dass das Energielevel kurz vor den freien Tagen aufgezehrt scheint; liegt doch gerade in dieser Zeit oftmals noch einmal besonders viel Arbeit, Organisation und Vorbereitung an.
Dadurch kann es auch in Familie und Partnerschaft zu gehäuften Konflikten kommen und die Gefahr ist groß, dass man schon massiv gestresst in den Urlaub startet. Nicht zuletzt führen eine überhöhte Erwartungshaltung an die gemeinsamen freien Tage und das gesteigerte Stresslevel dazu, dass es auch während dieser schnell zu Konflikten und Missverständnissen kommt.

Versuchen Sie somit vor allem, mit einer möglichst realistischen Erwartung in die Ferien zu starten. Streitigkeiten können auch bedeuten, dass Sie alle dringend Erholung brauchen. Mit einer solchen inneren Einstellung können Sie kleineren Konflikten deutlich gelassener begegnen und größere Auseinandersetzungen vermeiden.
Versuchen Sie außerdem, notwendige Vorbereitungen für die Reise schon mehrere Tage im Voraus in kleineren Etappen zu erledigen. Dies kann Sie mental entlasten und vermeidet eine Aufsummierung von „to does“. Sie beugen so steigendem Handlungs- und Zeitdruck vor.

In der neuen Ausgabe der ZEIT Wissen finden Sie weitere Tipps zum Themenfeld Stressbewältigung. Lesen Sie darin u.a., wie es Ihnen gelingen kann, Stress im Alltag und in wechselnden Lebenssituation insgesamt zu reduzieren und mit Ihrer Energie einfacher zu haushalten.

Ich wünsche Ihnen gelassene Sommerwochen!

Mein Theatertipp – nicht nur für Paare

Nichte wenige Paare leben arrangiert, wenn nicht sogar resigniert, nebeneinander her. Andere leben einen Alltag geprägt von zahlreichen Auseinandersetzungen, voller Wut und Aggression. Ob damit verbundene wiederholte Trennungsgedanken schließlich tatsächlich in eine Trennung oder Scheidung münden, ist sehr unterschiedlich. Denn diese lebensverändernde Entscheidung zu treffen, ist alles andere als einfach.

Zugegeben, erwähnte Szenarien wie diese täglich zu erleben, ist alles andere als komisch.
Das Schauspielerehepaar Jennifer und Michael Ehnert stellen ähnliche alltägliche Szenen einer Ehe mit ihrem „Zweikampfhasen“- Programm jedoch auf höchst unterhaltsame Weise dar. Die wortgewaltigen Dialoge, verdichtet mit Witz und Gedankenanregungen, reichen dabei zeitweise auch über die Ehewelt hinaus.

Am 31. Mai findet die 175. Vorstellung dieses gelungenen Programms im Lustspielhaus in Hamburg statt. Diesen und weitere Termine finden Sie hier.

Weniger Sex – weniger Liebe. Oder umgekehrt?

Die Abnahme sexueller Aktivität von Paaren hängt nicht nur mit der Dauer des Zusammenlebens („Reizerosion“), hormonellen Veränderungen oder veränderten Lebensumständen zusammen. Sie liegt auch darin begründet, dass die Partner häufig jahrelang nur dem klassischen Ablauf – Vorspiel, Penetration und Orgasmus – folgen. Dabei liegt gerade im Bereich der Sexualität die Freiheit, diese immer wieder auch zu verändern – unabhängig davon, was in den Medien suggeriert wird. Diese Möglichkeit scheint jedoch deutlich weniger zu interessieren als die Frage „Wie viel Sex in Paarbeziehungen ist normal?“ Im Fokus vergleichender Prüfungen steht demnach häufiger die Quantität als die Qualität und Gestaltungsfreiheit von Sex.

Mit Vergleichen stellen Menschen Sicherheit und Orientierung für sich her. Dies ist völlig normal, kann aber dann zu einem Problem werden, wenn sie diese Vergleiche für sich als richtungsweisend auslegen, eigenen Intuitionen nicht mehr folgen und stattdessen unter „Leistungs- und Normailitätsdruck“ geraten, welcher auf sich auch auf den Partner und die Beziehung überträgt. So auch im Bereich der Sexualität.

In einer breit angelegten Studie mit mehr als 100.000 Paaren aus 24 Nationen kamen Forscher um das Team Northrup, Schwartz & Witte zu spannenden Befunden, was es für eine erfüllte Sexualität tatsächlich braucht.

Deutlichste Erkenntnisse: Mit Kritik und Schuldzuweisungen, ebenso Sextoys, Candlelightdinner und Reizwäsche lässt sich sexuelle Lust kaum und erst recht nicht dauerhaft anregen. Ebenso reicht es nicht aus, sich mehr Sex zu wünschen und dieses Vorhaben als Paar zu beteuern.

Das US-amerikanische Forscherteam konnte zeigen, dass es für eine dauerhaft befriedigende Sexualität stattdessen verschiedene Verhaltensweisen braucht, die dem Partner vor allem Respekt und Verbundenheit vermitteln. Dazu gehören neben anderen:

  • Aufmerksamkeiten, kleine Geschenke im Alltag
  • fortwährender Austausch über das, was in der Sexualität gemocht und abgelehnt wird
  • körperliche Nähe auch im Alltag (Alltagsberührungen)
  • eine gemeinsame Priorisierung von Sexualität und zeitlichem Investment dafür
  • gemeinsames Interesse aneinander – in Gesprächen frei von Medien, insbesondere dem smartphone

Paare in langjährigen Partnerschaften leben demnach nicht grundlos eine erfüllte Sexualität. Die tägliche Zuwendung wird häufig noch immer unterschätzt.

Die Studienergebnisse der Forschergruppe wurden unter dem Titel „The normal bar“ in Buchform veröffentlicht.

Gedanken & Einsichten

„Was tun Sie“, wurde Herr K. gefragt, „wenn Sie einen Menschen lieben?“
„Ich mache einen Entwurf von ihm“, sagte Herr K., „und sorge, daß er ihm ähnlich wird.“ „Wer? Der Entwurf?“
„Nein“, sagte Herr K., „der Mensch.“

(Bertolt Brecht, Wenn Herr K. einen Menschen liebte)

Was sexuelle Lust mit der Begrenzung von Arbeit zu tun hat

Gerade in Studien zum Thema Sexualität antworten Teilnehmer vielfach nicht aufrichtig, weshalb Forschungsbefunde ein verzerrtes Bild zeichnen können. Auffällig in Befragungen ist dennoch die deutlich zunehmende Lustlosigkeit in Paarbeziehungen. Erfahrungsgemäß nehmen Männer aus diesem Grund immer häufiger den Rat eines Paartherapeuten oder Sexualberaters in Anspruch.

Eine wesentliche Ursache dafür kann im zunehmenden „Performancedruck“ (siehe u.g. Artikel) liegen. Dem Druck, permanent unter Beweis stellen zu müssen, was man zu leisten in der Lage ist – gemessen u.a. an Arbeitsstunden, Einkommen und Karriereerfolg. Dauerhafter Druck ist weder gesundheits- noch zufriedenheitsfördernd. Entscheidend für eine stabile innere Zufriedenheit ist hingegen, wie sinnstiftend die eigene Tätigkeit erlebt wird und wie gut eine Abgrenzung von beruflichen Fragen nach Feierabend gelingt.
Was fehlende ruhige Momente – Mußestunden oder Langeweile – auch mit Lust auf Sexualität zu tun haben, beschreibt dieser Artikel ausführlicher. Interessant dazu die zahlreichen Kommentare, die ihn um wichtige Aspekte ergänzen.

Gedanken & Einsichten

Es ist ein weit verbreiteter Unfug, daß die Liebe über die Freundschaft gestellt wird und außerdem als etwas völlig anderes betrachtet. Die Liebe ist aber nur soviel wert, als sie Freundschaft enthält, aus der allein sie sich immer wieder herstellen kann. Mit der Liebe der üblichen Art wird man nur abgespeist, wenn es zur Freundschaft nicht reicht.

(Bertolt Brecht, Geschichten vom Herrn Keuner)

 

Depression als Risikofaktor für Paarbeziehungen

Depressionen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland, was

das Thema auch in der Paarberatung und Paartherapie immer relevanter werden lässt.

Massive Überforderungs- und Schuldgefühle, Antriebslosigkeit wie auch der Rückzug aus dem sozialen Umfeld stellen nicht nur für den erkrankten Partner ernsthafte Belastungen dar. Die Trennungswahrscheinlichkeit steigt in betroffenen Beziehungen auch durch den Verlust an innerer Verbundheit und eine deutliche Zunahme von Konflikten.

Eine aktuelle Studie der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und der Deutschen Bahn Stiftung zeigt, dass eine Depression häufiger die Ursache als die Folge von Partnerschaftskonflikten darstellt. Beleuchtet werden zudem die vielfältigen Belastungen beider Partner. Mehr erfahren Sie in diesem Artikel.

 

Neue Studienergebnisse zu veränderten Lebensgewohnheiten

Eine aktuelle Studie der Universität Mannheim belegt, dass Partner, die in einen gemeinsamen Haushalt ziehen, doppelt so viel an Gewicht zunehmen wie in den ersten Jahren der Ehe.
Die Untersuchungsbefunde zeigen damit auf, dass Ernährung und Gewichtszunahme keine eindeutige Korrelation mit dem Familienstand aufweisen, sondern vorrangig im Zusammenhang mit veränderten Lebensgewohnheiten stehen. Lesen Sie hier mehr.

Selbstklärung als Schlüssel für gelingende Kommunikation

Anhaltende Unzufriedenheit und chronischer Frust schwappen schnell auf Partnerschaft, Familie und das nahe Umfeld über. Speziell Menschen, die unter Stress und Druck stehen, fällt es noch einmal schwerer zu erkennen, was genau sie belastet und dies eindeutig auszudrücken.
Zahlreiche Studien belegen eindrucksvoll, dass die Qualität der Kommunikation unter Stresssbedingungen massiv sinkt und es damit auf beiden Seiten schneller zu Missverständnissen und Gereiztheit kommt. Selbst externe Belastungen können so schnell in interne Konflikte münden, die zusätzlich belasten.

Sich selbst zu klären und zu positionieren trägt deutlich zu einer gelingenden Kommuniktion bei.
Wie Sie eigene Bedürfnisse und Herausforderungen selbst besser erkennen und kommunizieren – und damit nicht zuletzt auch dazu beitragen, Unterstützung zu erhalten, die tatsächlich entlastet, lesen Sie in der Ausgabe der ZEIT Wissen 02/18.

Chaos

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