Archiv der Kategorie: Beziehungskrise

Fernbeziehung: Hin- und hergerissen

Die Jobsuche beschränkt sich zunehmend nicht mehr nur auf den regionalen Bereich. Vor allem junge Paare, nutzen nach Abschluss von Ausbildung und Studium immer häufiger jede Gelegenheit für einen aussichtsreichen Berufseinstieg oder internationale Berufserfahrungen. Zudem lernen sich durch die überregionale und globale Ausrichtung zahlreicher Unternehmen immer mehr Paare kennen und lieben, die an verschiedenen Standorten beruflich tätig sind. Für fast alle ist das Eingehen einer Fern- oder Pendelbeziehung ein Schritt in die Ungewissheit und die Partner fragen sich, ob ihre Beziehung zueinander auch auf Dauer über die Ferne Bestand haben wird.

Erkenntnisse aus der Forschung

Zunächst, so zeigen soziologische Untersuchungen (z.B. Feldhaus & Schlegel, 2013), hat die berufliche Mobilität keinen wesentlichen negativen Effekt auf die Qualität der Beziehung und das Verbundenheitsgefühl der Partner.
Obwohl das Stresslevel dieser Paare oft sehr hoch ist,  profitieren Frauen bei berufsbedingten Fernbeziehungen vor allem in ihrem Autonomieempfinden innerhalb Partnerschaft. Für Männer werden die positive Effekte auf die Partnerschaftszufriedenheit nach der Familiengründung deutlicher. Durch die geringere Einbindung in Haushalt und Kindererziehung scheint ihnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einfacher zu gelingen.
Weitere Studien wie z.B. von Stutzer & Frey (2008) verdeutlichen jedoch, dass längerfristiges Pendeln oftmals in ein geringes subjektives Wohlbefinden der Partner mündet. Wie sich andeutet, es ist stets von mehreren Faktoren abhängig, ob ein Paar von den Chancen berufsbedingter Mobiliät profitiert oder durch die damit zusammenhängenden Herausforderungen an die Grenzen des „Machbaren“ kommt.

Beobachtungen aus der Praxis

Meiner Erfahrung zufolge kommen Paare oft nach ca. zwei Jahren an das Limit ihrer Belastbarkeit durch das berufliche Pendeln eines Partners. Die Partner kommen dann nicht umhin eine Entscheidung miteinander auszuhandeln, was alles andere als einfach sein kann. Erhöhte Schwierigkeiten bei einer für beide Seiten fairen Entscheidung zeigen sich vorwiegend dann, wenn die Kinder bereits schulpflichtig sind, ein Partner an seinem Heimatort sehr verwurzelt ist oder eine enge Verbindung zu den (älter werdenden) eigenen Eltern gewünscht wird.

So manches Paar gerät hier in Streit und nicht endende Diskurse. Argumente treffen auf Gegenargumente und dabei drehen sich die Partner im Kreis, ohne zu einer Lösung zu kommen. In einigen Fällen kommt der Zeitdruck für eine Entscheidung hinzu, wie z.B. ein endendes Arbeitsverhältnis oder die anstehende Anmeldung der Kinder in der Schule.

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Erste Empfehlungen für Paare

Paaren ist zu empfehlen, zunächst eine Entscheidung in den Hintergrund zu stellen.  Zuerst sollten sich die Partner statt über die Argumente – welche wahrscheinlich schon wiederholt besprochen wurden – über die Emotionen und Bedürfnisse auszutauschen, die mit der aktuellen Entscheidungssituation für jeden zusammenhängen. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit jeder (noch) dazu bereit ist, sich tatsächlich auf den anderen einzustellen; das heißt, erst einmal nur zuzuhören, was den anderen beschäftigt, ohne den aussichtslosen Versuch dessen Bedenken „wegzuargumentieren“. Erst wenn es den Partnern auf diese Weise gelingt, mehr Verständnis füreinander zu entwickeln, ist die Basis für eine möglichst faire Entscheidung gegeben. In vielen Fällen entsteht die Bereitsschaft, sich auf den Partner einzustellen und seine Bedürfnisse stärker in den Mittelpunkt zu rücken, erst dann, wenn sich beide vom jeweils anderen ernst genommen fühlen und der Eindruck entsteht, dass sich der andere besser in die eigene Lage zu versetzen bereit ist.

Nicht zuletzt ist es den Partnern durch die konstruktive Kommunikation und eine damit zusammenhängende geringere Stressbelastung möglich, bei der Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten kreativer zu sein. Die Stressforschung zeigt eindrücklich, dass die Kreativitätsleistung gestresster Menschen deutlich eingeschränkter ist. Vielleicht also ergeben sich in einem wohlwollenden, zugewandten Gespräch sogar neue Optionen, die ein „entweder – oder“ aufbrechen.
Hilfreich ist es während einer Problemlösung auch, darauf zu schauen, wie die Bedürfnisse beider Partner ausreichend berücksichtigt werden können – trotz der Notwendigkeit der Entscheidung für eine Lösung.

Wann brauchen Paare professionelle Unterstützung?

In diesem Artikel beschreibt Ulrich Clement, erfahrener Experte für Paarberatung und Paartherapie, wann Paare professionelle Unterstützung benötigen.
Das Interview gibt zudem einen Einblick in die Themen Überwindung einer Ehekrise und Sexualität.

Mein Buchtipp – zum Thema Treue und Vertrauen

Der renommierte Experte für Paartherapie John Gottman untersucht seit Jahrzehnten, welche Verhaltensmuster es genau sind, die in zufriedenen Partnerschaften vorherrschen.
In seinem neuesten Buch für Paare „Die Vermessung der Liebe“ erhalten Leser interessante Einblicke in diese Paar- und Emotionsforschung und deren Methoden. Wiederholt hebt der Paarforscher Vertrauen als einen der wesentlichsten Faktoren gelingender Liebe hervor und zeigt auf, dass Misstrauen auf vielen Ebenen entstehen und wachsen kann. Zudem erläutert er vier hauptsächliche Kommunikationsfehler, welche die Zufriedenheit und das Wohlbefinden in der Partnerschaft stark negativ beeinflussen.

Einigen Lesern könnte der erste Teil des Buches mit seinen Versuchserklärungen und statistischen Berechnungen eventuell zäh erscheinen. Zudem sind Gottmans Beschreibungen zu Untreue und „fremdgehen“ stellenweise gewöhnungsbedürftig, was eventuell auch der Übersetzung geschuldet sein könnte. Es lohnt sich jedoch dran zu bleiben!

Paare, die keine Patentrezepte, stattdessen aber Anregungen zu gelingender und intimer Kommunikation, praktische Tipps zum Umgang mit Streit und Konflikten, Fragestellungen und Übungen zur eigenen Reflexion erwarten, werden die Anschaffung dieses Buches keineswegs bedauern.

Der Traum „Liebe“

Wie finden sich Paare und wie trennen sie sich? Welchen Einfluss hat die digitale Wende auf das Erleben der ersten Liebe und unsere Emotionen? Warum wählen einige Menschen wiederholt die falschen Partner? Unter welchen Bedingungen gelingt eine stabile Partnerschaft und eine erfüllte Partnerschaft? Wie lässt sich Liebeskummer überwinden? Kann Eifersucht einen Nutzen haben? Wann brauchen Paare professionelle Unterstützung und Beratung?

Aktuelle Beiträge zu diesen und zahlreichen weiteren Themen lesen Sie in der druckfrischen Ausgabe der GEO WISSEN.

Gedanken & Einsichten

Probleme kann man niemals mit der gleichen Denkweise lösen,
durch die sie entstanden sind.

(Albert Einstein)

Das gemeinsame Commitment stärken

Commitment ist für das dauerhafte Bestehen einer Partnerschaft unerlässlich.

Lesen Sie in diesem aktuellen Interview, welches – im Rahmen des 20jährigen Jubiläums des paaarlife-Programms der Universität Zürich – mit mir geführt wurde, was Commitment genau ist und wie Sie dieses in Ihrer Beziehung stärken können.

 

Was macht Beziehung so schwierig?

Ist eine lebenslange zufriedene Partnerschaft möglich? Was braucht es wirklich dafür? Und warum ist das Leben in einer Patchworkfamilie besonders brisant?

Fünf realistische Thesen des Heidelberger Paartherapeuten und renommierten Ausbilders für Paarberatung und Paartherapie lesen Sie in diesem Artikel.

Worauf kommt es in gelingenden Partnerschaften an?

Warum verändern wir häufig unsere Einstellungen und Erwartungen im Verlauf einer Partnerschaft? Worum geht es Frauen in Beziehung genau? Wie lässt sich das Spannende und Leidenschaftliche auch über Jahre und Jahrzehnte in einer Paarbeziehung aufrecht erhalten? Wieso gelingt es auch in neuen Partnerschaften nicht, die eigenen Vorsätze umzusetzen? Warum ist Trennung häufig nicht die richtige Entscheidung? Was genau braucht es für eine dauerhaft zufriedene Partnerschaft?

Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigt sich die aktuelle Ausgabe der Psychologie compact, u.a. in Interviews mit Experten aus Paarberatung, Paartherapie und Forschung.

Mein Filmtipp – zum Thema Eifersucht

Das Ringen um (neues) Vertrauen, kann eine Partnerschaft auf eine harte Probe stellen. Kommt Eifersucht hinzu und kann nicht bewältgt werden, kann diese mächtige Emotion Beziehungen zerstören.

Anfang September startete in Deutschlands Kinos der Film „Fado“, der diese Thematik auf geschickte Art und Weise aufgreift. Durch die Augen des eifersüchtigen Partners betrachtet, gelingt es dem Film im Zuschauer selbst das Misstrauen zu schaffen und seinen Blick zu trüben. Wie nahe unsere Wahrnehmungen mit der Wirklichkeit verkoppelt sind und wie wenig unsere Wahrnehmung tatsächlich mit der Wirklichkeit zu tun hat, zeigt dieser Film eindrücklich.

Der Trailer zur deutschen Fassung des Films findet sich hier. Sehenswert!